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4.5 Das Osterfest

Das Osterfest als Fest der Auferstehung Christi wird von der Kirche traditionell an dem Sonntag begangen, der dem ersten Vollmond nach Frühlingsanfang (21. März) folgt. Doch ist dieses brauchreiche Fest nicht allein christlicher Tradition zuzuordnen, sondern es hat seine Wurzeln auch in Frühlingsfeiern vor der Christianisierung Mitteleuropas. Bis dahin sollen nach der Literatur die Germanen Frühlingsfeste zu Ehren der Göttin Ostara gefeiert haben. Nicht ohne Grund also hatte die Kirche 325 auf dem Konzil zu Nizäa ihr wichtigstes Fest in die Jahreszeit der schon in vorchristlicher Zeit begangenen Siegesfeiern des Frühlings über den Winter gelegt. Sie verband so geschickt die christliche Freude über die Auferstehung mit dem im Frühling zu beobachtenden Naturphänomen der aufsteigenden Sonne. In diese Freude mischte sich das natürliche Bestreben der Menschen, alle Voraussetzungen für ein fruchtbares, ertragreiches Wirtschaftsjahr zu schaffen. Mit der Sorge um die Wirtschaft erhielt die Osterzeit neben der kirchlichen Ausprägung somit vor allem einen produktionsregulierenden Charakter, der sich auf Vieh, Acker und Haus bezog. Aber auch der eigenen Gesunderhaltung wurde gerade zu Ostern Beachtung geschenkt, der Körper wurde »fit« gemacht für das neue Arbeitsjahr.
Die Herkunft des Wortes Ostern gibt jedoch bis in die Gegenwart Rätsel auf. In einem jüngsten Herleitungsversuch wird Ostern nicht mehr, wie in der Brauchliteratur üblich, mit der Deutung von Jacob Grimm und einer angeblichen germanischen Göttin »Ostara« in Verbindung gebracht. Und schon gar nicht mehr mit der Himmelsrichtung Osten, in der der Aufgang der Sonne zu beobachten ist, die nach der traditionellen Überlieferung über die Auferstehung Christi drei Sprünge machen soll. Die jüngste Veröffentlichung sieht eine direkte Verbindung zwischen der pluralischen Form »ze den ostern« und einer Wortfamilie »austr« in den nordgermanischen Sprachen, in der Wasser und das Begießen als wesentliche Elemente gesehen werden. Das Wort Ostern soll sich nach dieser Beweiskette vor allem auf die Taufe beziehen. Eine eindeutige Klärung wird sich kaum noch herbeiführen lassen.
Die volkssprachliche Bezeichnung des Festes in Mecklenburg lautete während des 19. Jahrhunderts in der Regel »Ostern«, womit sich der in Norddeutschland jüngere Terminus durchgesetzt hatte. Das ältere Wort »Paaschen« (vom jüdischen »Passah«, der Feier zum Gedächtnis an den Auszug der Kinder Israel aus Ägypten), das von westfälischen Siedlern während des Mittelalters aus der Kölnischen Kirchenprovinz mitgebracht worden war, starb als Simplex allmählich aus, erhielt sich aber in einigen Komposita wie »Paascheier«, »Paaschbarg«, »Paaschappel« noch bis in die Zeit um 1900.
Nach christlichem Verständnis folgt der »Stillen Zeit« die fröhliche Osterzeit, denn Jesus hat durch die Auferstehung den Tod überwunden. Die Kirche betonte den heiteren Charakter des Osterfestes noch bis zum 18. Jahrhundert gern mit einer Predigt, in der die Gemeinde mit derben Geschichten als Kontrast zur Passionszeit bewußt zum Lachen gebracht wurde. Dieser Brauch ist als »Ostergelächter«, als »risus paschalisa, bekannt. Es ist allerdings von den Reformatoren als Unsitte getadelt worden. Innerhalb der Festtagsdramaturgie auch außerhalb des kirchlichen Raumes aber tragen die Osterbräuche nach wie vor einen unbeschwert fröhlichen Charakter.